Olympische Spiele, Europameisterschaft und die Welt der Startups. In Asien gefeierter Badminton-Spieler, in Deutschland der dominierende Athlet des vergangenen Jahrzehnts im Badminton: Marc Zwiebler im Interview über die Parallelen und Unterschiede im Leben als erfolgreicher Profisportler und Unternehmensgründer von Kurabu.
Patparius: Marc, du hast mal gesagt: „Mein Spielstil ist ein bisschen fies.“ Ist ´fies´ nicht ein viel zu negatives Wort dafür, dass du vermutlich meinst, dass du einfach gewinnen willst? Und um gleich die Brücke zum Hier und Jetzt zu schlagen: Du hast bzw. Ihr habt den Schritt in die Startup-Welt gewagt und Kurabu gegründet. Warum Unternehmertum? Was macht dich zum potenziell erfolgreichen Unternehmer?
Marc: „Mein Spielstil ist ein bisschen fies.“ bezog sich natürlich nicht auf meine Art wie ich mich meinen Gegnern gegenüber als Mensch verhalte, sondern darauf, dass ich meine Schläge viel mit Verzögerungen und Täuschungen geschlagen und so oftmals Gegner auf dem falschen Fuß erwischt habe. Insofern war es unangenehm gegen mich zu spielen, weil ich schwer zu “lesen” war. Und ja, klar, am Ende ging es darum, besser als der Gegner zu sein und zu gewinnen.
Warum Unternehmer? Weil ich Verantwortung tragen möchte, meine Zukunft selbst gestalten will und so meine Ideen umsetzen kann. Mit Kurabu schließt sich für mich persönlich damit ein Kreis. Nachdem der Sport fast 20 Jahre lang mein Leben bestimmt hat und meine (sichere) “Blase” war, hatte ich das Gefühl, dass ich etwas anderes kennenlernen möchte. Ich hätte auch im Sport bleiben oder in ein Land ziehen können, wo Badminton als Sport hoch angesehen ist und ich von meinen vergangenen Erfolgen hätte leben können. Stattdessen bin ich nach Berlin gezogen, habe in der Beratung und im E-Commerce gearbeitet und dabei viele verschiedene Unternehmen, Geschäftsmodelle und Unternehmenskulturen kennenlernen dürfen.
Aber auch wenn ich etwas Abstand vom Sport brauchte, bin ich über meine diversen ehrenamtlichen Engagements noch eng mit dem Sport verbunden und versuche die Strukturen zu modernisieren und zu stärken, welche mir meine sportliche Karriere überhaupt erst ermöglicht haben.
Und genau da schließt sich mit Kurabu nun der Kreis: Ich habe – ähnlich wie im Sport – mein berufliches Schicksal in der eigenen Hand, kann mich selbst verwirklichen und zudem dazu beitragen, dass Sportvereine zukunftsfähig aufgestellt sind.
Patparius: Ihr habt gerade eine erste Finanzierungsrunde erfolgreich absolviert. Welche Fragen und Herausforderungen treiben dich gegenwärtig um? Siehst du im Umgang damit Parallelen zu deiner Herangehensweise an Herausforderungen, die du als Athlet erfahren hast?
Marc: Die letzten 10 Monate mit Kurabu waren sehr aufregend. Jeden Tag gibt es eine neue Herausforderung, die man annehmen muss. In einem Startup kann ich Dinge nicht “weg-delegieren” oder in einem Arbeitskreis Monate lang auf eine Entscheidung warten. Diesen Druck, diesen Stress kenne ich vom Sport und ähnlich wie im Wettkampf motiviert mich das, Lösungen zu finden. Natürlich mache ich persönlich und machen wir im Team auch Fehler, aber eine offene Fehlerkultur und direktes Feedback helfen da sehr. Auch das kenne ich aus dem Sport, da ich es seit frühester Jugend so durch die Erfahrungen im Training und auf Turnieren gelebt habe. Solch eine positive Fehlerkultur habe ich in meinen vorherigen beruflichen Stationen teilweise vermisst.
Gegenwärtig geht es bei Kurabu darum, ein schlagkräftiges, erfolgshungriges und diverses Team aufzustellen, das alle Kompetenzen abdeckt und das Unternehmen und Produkt auf ein neues Level bringen wird. Dies ist keine leichte Aufgabe. Und da sowohl in der Sport- als auch in der Technologie-Szene überwiegend Männer agieren, versuchen wir als Unternehmen auch attraktiv für Frauen zu sein, um gute Kandidatinnen für unsere offenen Positionen zu gewinnen.
Marc Zwiebler – Vom Badminton ins Business als Gründer
Patparius: Wenn du dir deinen Weg als Gründer bzw. euren Weg als Startup anschaust, was hättest du dir in der Retrospektive für Unterstützung gewünscht oder auch im jetzigen Stadium, was würdest du dir wünschen? Was würde dich/euch besser machen, dir und euch weiterhelfen?
Marc: Wie wahrscheinlich jede*r Gründer*in hätte ich mir deutlich weniger Bürokratie gewünscht. Die Zeit und das Geld die bzw. das in Verträge, Notartermine, Formulare und Anträge geflossen ist, hätte ich gerne besser genutzt.
Des Weiteren hat mir ein Netzwerk gefehlt, welches Gründer*innen, die nicht schon eine Sportlaufbahn hinter sich haben, oftmals während ihrer Studienzeit oder durch Praktika aufbauen. Ich war während meiner sportlichen Karriere fast 9 Monate des Jahres weltweit unterwegs und kannte niemanden in Berlin, den ich um Rat oder Hilfe fragen konnte. Natürlich ist im Moment auch die Corona-Pandemie ein Hindernis, aber auch der Fakt, dass Badminton eine Individualsportart ist, die in Deutschland leider wenig Beachtung findet. Somit ist man bei relevanten Leuten nicht unbedingt direkt auf dem Schirm.
Als letzten Punkt würde ich mir wünschen, dass die verantwortlichen Sportorganisationen in Deutschland offener für Innovation und Digitalisierung wären und Bemühungen in diesen Bereichen aktiv unterstützen. Mit Kurabu sind wir mit einigen Sport-Verbänden in Kontakt und, auch wenn es ein guter Austausch mit großem Potenzial ist, so sind die Entscheidungswege oft lang und intransparent, die Risikofreude gering und die politischen Grabenkämpfe spürbar. Hier gibt es zum Beispiel in Großbritannien oder in den USA einige Programme, die Innovationen im Sport zielgerichteter fördern. Die deutsche Sporthilfe hat hier zwar mit der “Startup Academy” einen ersten, richtigen Schritt gewagt, aber systematische Innovationsbestrebungen müssten noch deutlich weiter gehen.
Natürlich ist auch euer Angebot für Athlet*innen sehr hilfreich – egal ob man später in die Unternehmenswelt möchte oder die Herausforderung als Gründer*in sucht. Und mit eurem Entrepreneurship Startup for Athletes Ansatz bietet ihr ja zudem auch Internationalität und das für Gründer*innen und Investor*innen so wichtige Ökosystem, indem ihr Theorie, Praxis und Netzwerk zusammenbringt.
Patparius: Mit unserem Entrepreneurship for Athletes Kompaktseminar in Kooperation mit der Universität St. Gallen und leAD Sports & Health Tech wollen wir unter anderem genau dies: Ein Ökosystem für euch Athlet*innen zur Verfügung stellen, damit im Spannungsfeld Sport, Lehre und Business eine Plattform weiter wachsen kann, die Startup-Projekte wie Kurabu in ihrer Entwicklung weiterbringen. Was muss ein solches Ökosystem für einen Athleten wie dich für einen Nutzen bringen?
Marc: Inhaltlich würde ich mir wünschen, dass das Seminar so praxisnah wie möglich aufgebaut ist und ein konkretes Framework bietet, um die eigene Business-Idee zu finden, zu schleifen und zu realisieren. Weiterhin wünsche ich mir, dass ein belastbares Netzwerk über verschiedene Generationen und Sportarten hinweg erwächst und exklusive Zugänge zu Entscheidungsträgern im Sport entstehen.
Freuen tue ich mich natürlich darüber, dass ich meine Erfahrungen mit Kurabu an andere Athlet*innen, die auf dem Weg sind, Unternehmen zu gründen, weitergeben kann. Zudem bin ich gespannt, was ich im Austausch mit Gründer*innen lerne, die schon einen Schritt weiter sind, als ich es bin. Spannend natürlich auch zu sehen, was international passiert, welchen Input man hier mitnehmen kann. Und am Ende ist es natürlich klasse, es wiederum selbst ein Stück weit in die Hand zu nehmen und Teil eines solch belastbaren Netzwerks, von dem ich sprach, zu werden.
ENTREPRENEURSHIP FOR ATHLETES SEMINAR
Entwickle dich zum/r erfolgreiche/n Unternehmer*in und Investor*in.
Seminar in Kooperation mit der Universität St. Gallen und leAD Sports & Health Tech Partners.
Details findest du hier oder unten stehend weitere Informationen indem du dir die Broschüre und unser Juni-Update runterlädst (auch als Blog-Beitrag in der BIBLIOTHEK hier zu finden).
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Unser Beitrag “Athleten können auch Startups” im Magazin StartupValley 07/2020
Prof. Dr. Wolfgang Jenewein – einer unserer Referenten
Patparius: Gab es bei dir eigentlich einen Schlüsselmoment oder eine Art Schlüsselphase, der/die dir nicht nur Angst vor dem Leben nach dem Sport gemacht hat, sondern auch ein Stück weit Lust auf das Kommende gebracht hat? Natürlich im Bewusstsein, dass es kaum möglich sein wird, darin vergleichbare Erfüllung wie im Sport zu finden.
Marc: Ich würde da gar nicht so sehr zwischen Sport und Beruf unterscheiden. Die “Angst” vor der Zeit nach dem Sport begleitet mich schon mein ganzes Athletenleben. Anfang 20 war es dann aufgrund einer Verletzung auch tatsächlich schon fast soweit mit dem Karriereende. Aber so blöd es sich anhört: Für mich ist ein wenig “Angst” vor der Zukunft gut, denn sie spornt mich an, jeden Tag besser zu werden. Am Ende braucht man natürlich auch ein tiefes und gesundes Selbstvertrauen, dass andere auch nur “mit Wasser kochen”. Ein Learning aus dem Sport ist sicher für mich dabei auch, dass man Erfolg haben wird, wenn man lange und hart genug für etwas arbeitet, das einem Spaß macht und Freude bringt
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