Athlet*innen sind Leader und Teamplayer zugleich, weil sie beide Rollen in ihren Karrieren erfahren. Martin Strobel, ehemaliger Spitzenhandballer, erfolgreich bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, hat seine Karriere beim HBW Balingen-Weilstetten im Sommer 2020 beendet. Heute gibt er seine Erkenntnisse an Unternehmen und Startups weiter, um #Athletendenken auch in der Business-Welt zu etablieren. In unserem Kurz-Interview betont er die Wichtigkeit des Blicks über den Tellerrand Spitzensport und gibt Einblick in seinen Weg nach dem Sport.
Patparius: Martin, du hast vergangenen Sommer deine sehr erfolgreiche und besondere Karriere als Profi-Handballer beendet, bist im Leben nach dem Sport angekommen und verfolgst nun eine unternehmerische Karriere – die aber auf deinen Erfahrungen als Profisportler basiert. Welche Projekte treibst du voran?
Martin: Auf der einen Seite will ich die Zeit direkt nach der Karriere für zusätzliche Weiterbildung nutzen, um mir bestimmtes Know-how anzueignen. So habe ich zum Beispiel gerade an der Universität St. Gallen die Weiterbildung „CAS Sportmanagement“ absolviert, um mir weitere Kompetenzen im Bereich Sportmanagement und Betriebswirtschaft anzueignen. Dies ergänzt auch sehr gut meinen Erfahrungsschatz im Kontext Leadership. Auf der anderen Seite baue ich mir meine Selbstständigkeit in der Personal- und Teamentwicklung auf, indem ich meine Erkenntnisse aus dem Sport in Form eines von mir entwickelten Leadership-Konzepts in der Unternehmenswelt an Mitarbeiter*innen und Führungskräfte vermittle.
Natürlich sind dies auch die Themen und Erfahrungen, die ich in meiner neuen Rolle als Elitementor des deutschen Handballbundes für die Top-Talente einbringe, um diese im Zuge einer ganzheitlichen Nachwuchsförderung zu unterstützen. Klar, hier kommen auch Themen über das Leben als Handballer hinaus auf den Tisch, Stichwort Karriere nach dem Sport.
Sehr gefreut habe ich mich über mein eigenes Buchprojekt (Titel Buch: Höhepunkt am Tiefpunkt – Extreme erleben und Chancen ergreifen). Dies war für mich auch so eine Art Start in die Karriere nach dem Sport. Veröffentlicht wurde es am 01.10. im vergangenen Jahr. Es fasst meine Erfahrungen als Athlet zusammen, gibt einen tiefen Einblick in meine Karriere und bietet auch etliche Learnings über den Sport hinaus.
Außerdem bringe ich mich ab und zu natürlich mit meiner Expertise im Handball ein oder stehe im TV als Experte vor der Kamera. Zu guter Letzt verfolge ich auch das Thema Entrepreneurship und bin hier mit kleineren Investments in Start-Ups investiert.
Patparius: Stichwort Weiterbildung – du hast das Thema schon als aktiver Athlet im Blick gehabt, hast studiert, deinen Bachelor (International Management) beendet und dich über den Tellerrand Sport hinaus stetig weitergebildet. Zudem hast du dich gerade an der Universität St. Gallen im Bereich Sportmanagement weiter ausbilden lassen (CAS Sportmanagement). Warum war das Thema Karriere nach dem Sport bei dir recht zeitig auf dem Schirm? Und was bringt dir der Blick über den Tellerrand, der Aufbau des Business Know-hows? Ergänzen sich Erfahrungen aus dem Sport mit dem neuen Wissen eventuell?
Martin: Mir war immer bewusst, dass ich noch ein zweites Standbein brauche. Für uns Profisportler*innen kann die Karriere sehr schnell vorbei sein. Eine Verletzung im Training, eine Infektion nach einer OP oder eine Krankheit kann sehr schnell das Aus bedeuten. Das merkte ich spätestens nach meiner Knieverletzung 2019 bei der damaligen Heim-Weltmeisterschaft. Für mich war das eine sehr einschneidende Erfahrung und hat mir nochmal ganz konkret vor Augen geführt, wie schnell alles vorbei sein kann. Bei mir war es zu einem späten Zeitpunkt meiner Karriere. Aber so eine Verletzung kann einen natürlich auch als junger Spieler erwischen. Zusätzlich und sehr grundsätzlich war allerdings auch, dass ich mich einfach auch mit anderen Themen neben dem Sport beschäftigen wollte, um mir Wissen über den Handball hinaus anzueignen – um sie am Ende mit meinen Handball-Erfahrungen zu verbinden.
Dieses über den Tellerrandblicken hat mir aber oft auch geholfen, ein bisschen Abstand vom Sport zu bekommen, um dann den Fokus zur richtigen Zeit wieder voll und ganz auf den Sport zu legen. Dies ist vielleicht auch wichtig zu betonen, da die Beschäftigung mit Themen abseits des Sports durchaus auch helfen kann, um als Spieler besser zu werden bzw. den Fokus ab und an besser setzen zu können. Nun, nach der Karriere, durch meine Arbeit mit Unternehmen und Führungskräften wird mir auch immer deutlicher, dass sich die Erkenntnisse aus dem Sport und dem Business sehr gut ergänzen lassen und man sehr stark voneinander profitieren kann. Ich möchte dabei auch nicht immer nur die Analogie aus dem Sport ziehen, sondern dies auch in den richtigen Business-Kontext bringen, mit Methoden ergänzen, um am Ende durch die Umsetzung den Unternehmen auch einen echten Nutzen zu bringen.
Martin Strobel bei der Handball-WM 2019 im Spiel Deutschland gegen Brasilien (Foto Sascha Klahn)
Patparius: Was nimmst du vom CAS Sportmanagement mit? Haben dich die Inhalte und die Expertise der Referent*innen vorangebracht? Entsteht dadurch, dass viele Athlet*innen im Programm dabei sind und durch den Austausch mit den Expert*innen aus Bereichen der Wirtschaft vielleicht sogar eine besondere Atmosphäre, die vergleichbar ist mit einer Vorbereitung auf ein Turnier aus deiner Zeit als Sportler?
Martin: Es war eine super Erfahrung mit sehr praxisnahen Inhalten und sehr guten Referent*innen. Gerade auch durch die Praxiserfahrungen und die persönlichen Hintergründe der Referent*innen konnte ich sehr viel für mich und meine Arbeit mitnehmen. Viele der gelehrten Inhalte lassen sich in eigene bestehende Gedanken einbauen, um darauf aufbauend meinen Kunden am Ende einen Mehrwert zu offerieren. Auch die Teilnehmer*innen tragen natürlich viel zu einem gelungenen Kurs bei. So war es ein bunter, exklusiver Mix von (ehemaligen) Sportler*innen, Funktionär*innen aber auch Vertreter*innen aus der Wirtschaft. Am Ende war es eine Gruppe, die einen enormen, gemeinsamen Spirit hatte. Insgesamt war der Austausch untereinander klasse und durch die verschiedenen Backgrounds sehr inspirierend. Und alles in allem ja, man konnte es schon mit einer Mannschaft aus dem Sport vergleichen, die sich über einen längeren Zeitraum auf ein Ziel vorbereitet.
Patparius: Wir werden im kommenden Sommer im Zuge unseres Entrepreneurship Seminars gemeinsam mit der Universität St. Gallen und leAD Sports & Health Tech Partners Athlet*innen auf dem Weg zum Unternehmer/Investor bzw. Unternehmerin/Investorin begleiten und weiterbilden. Welche Parallelen siehst du zwischen dem Leben/der Karriere als Handballer und dem als Unternehmer? Warum kann das ein passender Weg nach dem Sport sein? Es gibt ja auch einige Handballer, die bereits neben dem Sport in Projekte und Startups investieren und als Unternehmer aktiv sind.
Martin: Zunächst einmal halte ich es für sehr wichtig, sich überhaupt auf die Zeit danach vorzubereiten. Viele von uns Athlet*innen durften das Hobby zum Beruf machen und das ist eines der schönsten Dinge überhaupt. Vielen Außenstehenden ist dabei aber gar nicht bewusst, dass man als Person, als aktiver Athlet sozusagen, schon während der Sportkarriere ein Stück weit selbst ein Unternehmen ist, war oder es eben um sich herum aufgebaut hat. Egal ob man einen Manager hat oder nicht, man muss sich heute im Spitzensport als Sportler*in als Marke begreifen, die nicht nur der oder die Athlet*in auf dem Feld ist, sondern eben auch drum herum unternehmerisch unterwegs sein muss – eben als Persönlichkeit bzw. wie es heute heißt als Brand. Wenn einem dies bewusst ist, lässt es sich natürlich sehr gut übertragen. Auch macht es selbstverständlich Sinn, sich in diesem Kontext für sich selbst neues Wissen anzueignen, das einem dabei hilft, dieses Unternehmertum schon während der Karriere zu leben und dann am Ende der Karriere ins Leben danach zu übertragen – ob dann final als Entrepreneur*in bzw. Unternehmer*in oder als Mitarbeiter*in in einem Unternehmen. Zudem sehe ich ebenfalls die Möglichkeiten, dass sich Athlet*innen neue Netzwerke aufbauen und in Unternehmen oder Bereiche investieren können, die einen wirklich überzeugen und man so selbst Teil davon werden kann.
ENTREPRENEURSHIP FOR ATHLETES
Entwickle dich zum/r erfolgreiche/n Unternehmer*in und Investor*in.
Drei Termine im Juni und August 2021:
04. & 05. Juni
25. & 26. Juni
20. & 21. August
Seminar in Kooperation mit der Universität St. Gallen und leAD Sports & Health Tech Partners.
Details findest du hier oder unten stehend weitere Informationen indem du dir die Broschüre runterlädst.
> Auch interessant, unser Beitrag “Athleten können auch Startups” im Magazin StartupValley 07/2020
Patparius: Unser Seminar bringt Athlet*innen natürlich auch mit dem Bereich Sports Tech zusammen, da leAD Sports & Health Tech Partners hier eine tiefgehende Expertise hat und sehr interessante Startups begleitet. Siehst du hier Potenzial, dass Sports Tech Startups von den Erfahrungen von Profisportler*innen profitieren können? Inwieweit ist Technologie in den Spitzensport involviert bzw. welchen Einfluss hat es auf die tägliche Arbeit von z. B. Spitzen-Handballer*innen?
Martin: Ich denke, die Involvierung von (ehemaligen) Athlet*innen wird in Zukunft immer gefragter sein, da sowohl im Breiten- als auch im Spitzensport immer mehr Tech eingesetzt wird und diesen damit immer stärker mitbestimmt. Da geht es um Themen, wie Prävention vor Verletzungen oder Datenerfassung zur Leistungsermittlung und -steigerung. Daher wird es für Unternehmen sehr wichtig sein, diese Expertise mit einfließen zu lassen und zu kombinieren, um Mehrwert bzw. bessere Produkte zu generieren. Da wir Athlet*innen tagtäglich mit diesen Tech-Applikationen arbeiten und uns dadurch ein Stück weit regelrecht zu Expert*innen entwickeln, können wir natürlich durch unsere Erfahrungen auch Startups bzw. Unternehmen dabei unterstützen, Produkte weiter zu entwickeln und zu verbessern.
Und ja, ich denke schon, dass wir hier als Athlet*innen einen besonderen Status haben können, der gerade für Startups ein entscheidender Faktor sein kann. Darüber hinaus stehen wir als Athlet*innen natürlich dann auch in besonderer Weise – sozusagen als Testimonial – mit unseren Erfahrungen für solch eine Technologie, mit der wir evtl. selbst als Sportler*in gearbeitet haben. Wenn ich mir beispielsweise anschaue mit welcher Technik ich gearbeitet habe, glaube ich schon, dass ich hier durch den täglichen Umgang am Ende auch dabei unterstützend sein kann, diese Technologien weiterzuentwickeln.
Link zur Website von Martin Strobel: Erfolgreich steuern – sich selbst und andere.
Link zum Interview mit Tobias Duffner, ehemaliger Torwart beim SV Werder Bremen, heute nach MBA & Promotion Berater bei &undconsorten