Der Weg des Profi-Fußballers führt in der Regel nicht über Studium zur Promotion. Tobias Duffner, gerade wieder aktiver Torwart beim SV Werder Bremen, hat jedoch genau diesen Weg genommen. Welche für ihn überraschenden Erfahrungen er im Bewerbungsprozess gemacht hat und wonach er sowohl im Sport als auch abseits des Platzes sucht, hat er uns im Kurz-Interview verraten. Tobias Duffner – Promotionsstudium „summa cum laude“ – als Beispiel, was über den Sport hinaus geht, aber auch als Beispiel, dass der Start in die Karriere nach dem Sport kein Selbstläufer ist.

Patparius: Tobias, mal davon abgesehen, dass du wieder als Torwart auf dem Trainingsplatz bei Werder stehst, bist du nun – nach Studium plus anschließender Promotion – auf dem Sprung in die Arbeitswelt abseits des Profisports: Du wirst Anfang Februar als Berater bei undconsorten Managementberatung GmbH & Co. KG starten. War es ein weiter Weg für dich? Was sind deine Erkenntnisse aus dem (Bewerbungs-) Prozess?

Tobias: Oh ja, der Weg war lang… Zum einen sind die Eintrittsbarrieren für die Managementberatung recht hoch und zum anderen sind die Auswahlverfahren sehr anspruchsvoll. Deshalb habe ich bereits Anfang des letzten Jahres angefangen, mich intensiv mit Job-Opportunities und dem ganzen Bewerbungsprozess im Consulting zu beschäftigen. Im Vorfeld hatte ich angenommen, dass mein etwas speziellerer Werdegang als Profisportler in Kombination mit meiner akademischen Laufbahn für viele Beratungen spannend ist und man sich zumindest die Zeit nimmt, sich mit meinem Profil zu beschäftigen. Denn die Eigenschaften, die man als Profisportler jahrelang unter Beweis gestellt hat, wie z. B. Zielstrebigkeit, der Drang sich stets weiterzuentwickeln sowie Beharrlichkeit und Wille, sind ja auch Eigenschaften, die in der Unternehmensberatung wichtig sind. Ich habe dann jedoch die Erfahrung gemacht, dass viele Recruiter eher den klassischen Bewerber suchen, der einen für die Beratung “perfekten” Lebenslauf vorweisen kann und das Mindset, die Skills und den Mehrwert, im Grunde das, was ein ehemaliger Profisportler mitbringt, oft nicht gesehen wird. Eine große Herausforderung bestand also auch darin, diesen Mehrwert im Bewerbungsprozess schnell sichtbar zu machen. Hier kann es ungemein helfen, wenn man direkten Zugang zu den Führungskräften in den Unternehmen und Beratungen hat, die verstehen oder sich vorstellen können, was ehemalige Profisportler*innen für einen Added Value einbringen können.

Patparius: Du bist ja ein Stück weit ebenfalls Unternehmer, involviert in das Unternehmen deines Bruders. Gibt es Unternehmerpersönlichkeiten in der Businesswelt, die du spannend findest? Siehst du Parallelen bei diesen erfolgreichen Entrepreneur*innen zu Persönlichkeiten, die aus dem Spitzensport kommen? Oder orientierst du dich an bestimmten Erfolgsfaktoren, die du bei Persönlichkeiten abseits des Sports siehst/erkannt hast?

Tobias: Im Rahmen meiner Doktorarbeit (Thema: “Strategic Equity Partnerships in Professional Football: Evidence on Stakeholder Attitude for the Case of the German Bundesliga” – Springer Gabler) konnte ich mit einigen CEOs von großen deutschen Traditionsunternehmen sowie DAX-Vorständen sprechen. Von diesen war ich besonders begeistert. Was diese Unternehmer*innen und Spitzensportler*innen vereint bzw. was sie gemein haben, ist diese Leidenschaft für das, was sie machen. Wenn man mit ihnen über ihre Rollen in Unternehmen spricht, sieht man quasi das Funkeln in ihren Augen, diese Begeisterung und Leidenschaft. Ich glaube, das ist eine wichtige Voraussetzung, um im Berufsleben erfolgreich zu sein. Vermutlich ist dies auch ein Aspekt, wovon sich die Business-Welt noch immer etwas vom Sport abschauen kann. Natürlich ist der Sport mit seinen Emotionen nicht zu 100% vergleichbar mit den Unternehmensrealitäten. Dennoch, so ist jedenfalls mein Eindruck, ist das Thema Motivation noch immer etwas, was von vielen Führungskräften unterschätzt wird. Im Sport dreht sich bei Trainern z. B. sehr viel um die Frage(n), wie kann ich das Optimum bei meinen Spielern herauskitzeln, was braucht der Spieler, um seine beste Leistung abrufen zu können. Und natürlich sind dies im Kern auch essentielle Fragen für Führungskräfte.

Tobias Duffner - Vom Fußball über die Promotion ins Consulting

Tobias Duffner – Vom Fußball über die Promotion ins Consulting

Patparius: Verfolgst du Wege von ehemaligen Kollegen, die nun als Entrepreneure unterwegs sind? Marcell Jansen, Philipp Lahm oder deine beiden Torwart-Kollegen René Adler und Oliver Kahn? Was kann man im Spitzensport lernen, um später unter anderem als Unternehmer*in davon profitieren zu können? Und was muss man als Athlet*in lernen, um danach z. B. als Unternehmer*in erfolgreich zu werden?

Tobias: Als Torwart habe ich verfolgt bzw. verfolge ich natürlich insbesondere den Weg von Oliver Kahn mit großem Interesse. Das liegt zum einen daran, dass Oli, neben Bodo Illgner, mein Torwart-Idol war und er mich in sehr vielen Dingen inspiriert.

Ich denke, es gibt viele Dinge, die man im Spitzensport lernt und die einem im späteren Berufsleben helfen und auch auszeichnen können. Spitzensportler*innen sind es gewohnt, hart zu arbeiten und sich konsequent an ihren Zielen und Visionen zu orientieren. Als Fußballer lernt man schnell, dass Erfolg im Fußball nur über ein funktionierendes Team geht. Zudem hat man insbesondere als Torwart eine relativ hohe Frustrationsgrenze und lernt von Beginn an, mit Drucksituationen umzugehen und Verantwortung zu übernehmen. Genauso lernt man, mit vielen unterschiedlichen Charakteren umzugehen. Gerade diese “People Skills” können später in der Karriere nach dem Sport in bestimmten Positionen von großem Vorteil sein. Darüber hinaus haben wir Athlet*innen bereits Erfahrungen mit der Entstehung von Erfolg und Misserfolg in jungen Jahren gemacht. Natürlich sind das Dinge, die wir in Unternehmen und Startups einbringen können. Auch deshalb ist es gut, dass ihr ein Netzwerk von Persönlichkeiten in Unternehmen pflegt, die dies in ihren Arbeitsbereich transferieren können und Interesse an uns ehemaligen Athlet*innen haben.

Um als Unternehmer*in erfolgreich zu sein, bedarf es natürlich eines betriebswirtschaftlichen Rüstzeugs. Dieses kann man sich bereits während der aktiven Laufbahn via einer Ausbildung oder, wenn möglich, via eines passenden Studiums aneignen. Ohne diese Grundlage ist es extrem schwer. Auch deshalb ist es wichtig, früh Inspiration zu suchen, die abseits des Platzes bzw. des Sports stattfindet. Wenn ich erst nach der Sportkarriere damit beginne, mich mit anderen Themen zu beschäftigen, ist es in der Regel zu spät. Aber natürlich ist es auch nicht leicht, sich während des Sports noch auf Anderes zu konzentrieren. Am Ende sind aber das Umsetzen, Erfahrungen in diesen anderen Bereichen zu sammeln und sich auch zu trauen, etwas Neues zu machen sehr wichtige Schritte meiner Meinung nach.

Patparius: Ist die Suche nach der steilen Lernkurve vielleicht auch eine Parallele zwischen Athlet*innen und in anderen Bereichen erfolgreichen Persönlichkeiten? Du hast diese steile Lernkurve mal als Ziel für dich definiert, um auch abseits des Fußballplatzes danach zu suchen.

Tobias: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diese steile Lernkurve auch neben dem Platz bei weitem nicht jeden motiviert. Viele meiner ehemaligen Kollegen konzentrieren sich voll auf Fußball und vertrauen darauf, später im Trainerbereich oder im Umfeld eines Vereins unterzukommen und blenden dabei aus, dass diese Plätze im Sportbereich sehr begrenzt sind. Viele beschäftigen sich eben auch erst nach der Karriere damit, was sie zukünftig machen wollen oder was ihnen Spaß machen könnte. Das kann dann zu einer sehr großen Herausforderung werden, denn nach dem Ende der aktiven Laufbahn empfinden viele erst einmal eine Leere und suchen nach Halt. Hat man sich im Vorfeld schon mit dem “Leben danach” beschäftigt, hat man einen Orientierungsrahmen, der einem Halt gibt.

Aber ja, ich suche diese steile Lernkurve und bereite mich nun mit großer (Vor-)Freude aber auch Respekt auf meine neue Aufgabe bei undconsorten Managementberatung GmbH & Co. KG vor. Die steile Lernkurve hat ja erneut viel mit Motivation zu tun. Wenn ich nicht motiviert bin, wenn ich keine Freude an dem habe, was ich tue, schreckt mich die steile Lernkurve ja eher ab, da sie als unbezwingbarer Berg gesehen wird – auf den man auch gar nicht rauf will. Auch deshalb ist es essentiell, nach anderen Dingen bereits während der sportlichen Laufbahn Ausschau zu halten, Themen und Interessen zu finden, die einen neugierig machen, worüber man mehr wissen will..

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Entrepreneurship Seminar Athletes

Patparius: Für uns ist die steile Lernkurve und der Drive von Sportler*innen sich entwickeln und etwas – im Sinne des Wortes – unternehmen zu wollen auch ein Grund, Athlet*innen im Zuge unseres Entrepreneurship for Athletes Seminars auf ihrem Weg Richtung Unternehmer*in/Investor*in zu begleiten und ihnen gemeinsam mit der Universität St. Gallen und leAD Sports & Health Tech Partners spannenden und vor allem wichtigen Input und Zugang in ein besonderes Ökosystem zu bieten. Damit geben wir Athlet*innen unternehmerisches bzw. fachliches Rüstzeug an die Hand und bieten ihnen ein Umfeld, das ihnen ermöglicht, sich darin zu Unternehmer*innen zu entwickeln und Investment-Entscheidungen beleuchten zu können. Es gibt ja durchaus auch Beispiele von Athlet*innen, die viel Geld durch, sagen wir mal, suboptimale Investmententscheidungen verloren haben. Was ist hier deine Erfahrung? Macht das Sinn für dich, Athlet*innen Zugang zu Know-how und Expert*innen zu schaffen, den sie nutzen können, um ihre Zukunft als Unternehmer*in selbst zu gestalten?

TobiasDas macht definitiv Sinn. Auf der einen Seite ist es wichtig, Optionen und Angebote zu schaffen, die es Athlet*innen erlauben, bereits während der Laufbahn dieses Know-how zu erlangen und auf der anderen Seite ist es fast noch wichtiger, die Sportler*innen dafür zu sensibilisieren, dass nach der aktiven Sportkarriere eine anschließende Karriere auf sie wartet, auf die man sich auch vorbereiten sollte, wie man sich auf die sportliche Karriere vorbereitet hat.

Und dieses Bewusstsein sollte man schon frühzeitig schärfen. Es kann übrigens, wie schon erwähnt, auch ein Vorteil sein, sich neben dem Fußball mit einem (Fern)-Studium zu beschäftigen. In Zeiten, in denen es mal nicht so gut läuft, wenn man z. B. verletzt ist, hat man damit immer auch einen geistigen Ausgleich und ist nicht so sehr auf den Fußball versteift – was einem ja durchaus ab und an auch Druck nehmen kann, falls es mit dem Fußball, eben durch eine akute Verletzung, vielleicht auch nicht mehr weitergehen kann. Das kann helfen, einige Dinge entspannter zu betrachten und so ausgeglichener zu sein, was sich final wiederum positiv auf den Sport auswirkt.

Und ja, auch im Hinblick auf Investment-Entscheidungen macht es selbstverständlich Sinn, Spieler*innen Wissen zu vermitteln und ihnen Zugang zu Expert*innen aus der Finance- und Investment-Welt zu bieten. Oft besteht ein enges Vertrauensverhältnis zwischen Spieler*innen und ihren Berater*innen, die nicht immer im Sinne der Sportler*innen sind. Berater*innen, die ihre Expertise im Fußball-Business haben, sind nicht unbedingt die richtigen Berater*innen, wenn es um Dinge außerhalb des Fußballs geht. Investitionen in Wertpapiere, Immobilien oder Startups usw. gehören beispielsweise oft nicht in den typischen Arbeitsbereich von Fußball-Berater*innen.

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