Eine aktuelle Untersuchung in Großbritannien („State of Sport 2018“) kommt zu dem Schluss, dass mehr als die Hälfte der an der Umfrage teilnehmenden früheren Profisportler (gesamt 800) sich um ihr psychisches und seelisches Wohlbefinden sorgen. Die Untersuchung verdeutlicht, dass durch die Aufgabe ihres Sports die Athleten nicht nur einen „Verlust ihrer Identität“ erleiden sondern auch, dass jeder zweite das Gefühl hat, „das eigene Leben innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Ende der Karriere nicht unter Kontrolle zu haben“.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Untersuchung sind im Original folgende:
- Many former sportspeople report a loss of identity after retiring and struggle to move on in life.
- The struggle to find a new purpose can lead to more serious problems such as depression, self-harm, addiction and financial problems.
- Even the best-prepared athletes struggle – retirement can be like a grieving process.
- A focus on success can hinder an athlete’s prospects of planning for life after retirement.
- Only four in 10 of those who felt they had an issue with their mental and emotional wellbeing had sought help.
- Fewer than one in 10 former players had sought help for drug, alcohol or gambling problems.
- Only three in 10 former players were able to choose when they stopped playing professional sport.
- Just over half of respondents reported financial difficulties in the five years after stopping playing.
Hintergrund
Grob beschrieben, ist das Leben von Profisportlern unterteilt in Training, Regeneration, Wettkampf, Regeneration, Training, … Die Struktur, das Umfeld der Athleten, der Ablauf sind mit wenig Freiraum klar vorgegeben, selbst die Ernährung erfolgt in der Regel nach festen Plänen. Das Ziel, die Olympische Goldmedaille, der Weltmeistertitel, ist mit solch positiven Emotionen besetzt, dass Spitzensportler nicht nur bereit sind, auf vieles zu verzichten bzw. ein Leben zu führen, das sich stark vom Leben Gleichaltriger unterscheidet. Es führt zumeist dazu, dass neben dem Sport an sich auch die vorgegebene Struktur (inkl. Umfeld) die Identität der Athleten stark prägt.
Sobald die Karrieren der Profisportler zu Ende sind, kann die wegbrechende Lebensstruktur dazu führen, dass sie sich regelrecht „verloren“ fühlen. Jedoch ist dies nicht das Gefühl des Verlierens, das sie aus dem Sport kennen und wofür sie gewohnt sind Lösungen (mit Hilfe des Trainers/Teams) zu finden. Es ist vielmehr das Gefühl der fehlenden Orientierung. Neben der Struktur ist nämlich auch der Verlust des (bisherigen) Lebensinhalts bzw. Sinns ein wichtiger Aspekt, der das Zurechtfinden in einer neuen Rolle für ehemalige Athleten so schwer macht. Ohne einen persönlichen Sinn in seinem Handeln zu sehen, ist es in der Regel schwer möglich, sich neu auszurichten und zu orientieren.
Karriereende ist das einzig Unabwendbare im Sport
Professor David Lavalle von der Abertay University in Dundee macht im Zuge der „State of Sport 2018“ Untersuchung deutlich, dass der starke Fokus auf den Sport (der oft notwendig ist, um den gewünschten Erfolg zu haben) für die Karriere nach der Karriere zum Risiko wird. Durch den Rücktritt vom Spitzensport kommt es zu einem Verlust der individuellen Ressourcen – persönlich, materiell aber vor allem der symbolischen Ressourcen, da viele Athleten emotional stark mit dem verbunden sind, was sie als Sportler getan haben.
Frühere Studien kommen darüber hinaus zu dem Schluss, dass Sportler während ihrer aktiven Zeit bisweilen zögern, sich damit zu befassen, einen Plan für den Übergang aus dem Sport in eine neue Herausforderung zu entwickeln. Sie haben das Gefühl, sich auf die gegenwärtige sportliche Herausforderung fokussieren zu müssen, um ihre Leistung abrufen zu können. Umso mehr ist es aus unserer Sicht notwendig und hilfreich, Sportler dabei zu unterstützen, auf der einen Seite ihre Leistung als Athlet zu erbringen, ihnen aber auf der anderen Seite im Laufe ihrer Karriere Perspektiven zu eröffnen, um einen Plan für den Übergang und die Karriere nach der Karriere entwickeln zu können.
Weiterführender Link:
Professional Players Federation: Initial Career Transition Research Findings